Kurzgeschichten


Abschied


Lieber Gott, heute bin ich in diese kleine Kapelle gekommen, um mit dir zu reden. Du weißt sicher, was mich bedrückt und mir große Sorgen macht.

Lieber Gott, es ist nicht einfach deinem Willen zu folgen, aber wenn ich an Dich glaube, dann muss ich sagen, dein Wille geschehe.
Auch wenn es mir schwer fällt, von einem geliebten Menschen Abschied zu nehmen, so lebt in mir immer noch die Hoffnung auf ein Wunder. Sicher wirst du dich schon entschieden haben… aber wie gehe ich dann mit der Einsamkeit, dem Verlust um?

Wir hatten das Geschenk eine sehr lange Zeit miteinander durch deine wunderbare Welt zu gehen. Wir hatten doch noch so viel vor. Wir wollten gemeinsam alt werden. Aber du hast entschieden. Auch wenn es mir schwer fällt, werde ich deinen Willen respektieren müssen. Sicher hast du deine Gründe dafür. Aber was soll aus mir werden?

Keiner ist mehr da, wenn ich jetzt nach Hause komme. Liebevolle Gewohnheiten wie die täglichen Telefonate, die gemeinsamen Treffen am Wochenende, gemeinsame Unternehmungen, als dies gibt es nicht mehr. Schon jetzt spüre ich die Unsicherheit, die in meinem Leben einkehrt, obwohl der geliebte Mensch noch nicht von mir gegangen ist. Aber das Unbehagen spüre ich heute schon. Wie gehe ich damit um?

Kann ich diesen geliebten Menschen los lassen? Kann ich mich damit abfinden, dass er nicht mehr an meiner Seite ist? Kann ich mich damit abfinden, dass ich jetzt alleine durch die Welt gehen muss? Oder finde ich noch einmal ein kleines Glück? Viele Gedanken gehen mir durch den Kopf. Ich denke an Einsamkeit, an Wehmut, an gemeinsame Zeiten und an die Verlassenheit.

Gib du mir die Kraft, diese schweren Stunden zu überstehen? Einen geliebten Menschen los zu lassen, damit auch er seinen Frieden findet? Das ich die Einsamkeit, das Alleinsein überwinde?
Das in meiner Erinnerung die schönen gemeinsamen Stunden verbleiben? Das nicht Verbitterung aufkommt, die mich hemmen wird, meinen Lebensweg zu Ende zu gehen. Das ich Ja zum Leben sage, auch wenn es mir schwer fällt. Das ich nicht achtlos an dem kleinen Glück vorbei gehe, nur weil ich auf das neue, große Glück warte.

Lieber Gott, ich werde versuchen, mich dem Schicksal zu stellen, ohne Bitterkeit, ohne Anzuklagen, ohne zu hadern. Ich muss aber gestehen, es fällt mir schwer. Aber wenn du bei mir bist, dann fühle ich mich geborgen und sicher. Bitte sei bei mir und begleite mich durch die schweren Stunden. Hilf mir, dass ich meinen inneren Frieden finde.

Bitte sei bei mir, wenn ich jetzt nach Hause gehe und begleite mich in den Stunden des Abschiedes.
 
November 2014     


Das Alter

          
Wir Menschen sind doch komisch. In jungen Jahren kann es gar nicht schnell genug mit dem Großwerden vorangehen. Da will man in den Kindergarten, die Schule hinter sich bringen, den Führerschein machen, die erste große Liebe erleben und noch vieles mehr. Man sehnt sich regelrecht danach, groß und erwachsen zu werden.
Die Jahre vergehen wie im Flug. Was hat man nicht alles in Angriff genommen? Die Schule, die Ausbildung, die Lehre, den Beruf, die erste Liebe, man hat dann geheiratet, die Kinder kommen, man macht Kariere im Beruf, man baut ein Haus, setzt einen Baum, man erlebt wie die Kinder wachsen, älter werden und plötzlich merkt man: “Halt! Da war doch noch etwas? Panik kommt auf!
Man stellt fest: “Die Hälfte meines Leben ist um und was kommt nun?” Viele geraten in Panik, lassen ihr bisheriges Leben Revue passieren und stellen fest, dass sie so fest eingebunden sind, dass ihr Leben fremdbestimmt wird, das sie nicht mehr Herr ihrer selbst sind.
Sie haben zwar gelebt, aber nicht so, wie sie es wollten. Beruf, Ehe und Kinder haben ihr Leben bestimmt. Zu sehr bestimmt! Viele glauben dann, dass sie etwas in ihrem Leben verpasst haben und suchen nach anderen Wegen. Viele versuchen neue Wege zu gehen, sich neuen Aufgaben zu stellen, sich zu trennen, von dem was sie aufgebaut haben. Viele verlieren in dieser Zeit auch den Halt, weil sie denken, dass ihr bisheriges Leben ihnen zuwenig gegeben hat. Also suchen sie neue Bestätigungen.
Wir Menschen können uns nicht damit abfinden, dass es unterschiedliche Zeiten gibt, wo bestimmte Aufgaben anstehen.
In der Kindheit steht das Erlernen von Fähigkeiten an, Neues zu entdecken, zu lernen, zu spielen und sich langsam auf den Lebenskampf vorzubereiten. Die Jugendzeit ist dafür da, das Erlernte anzuwenden, weiter zu kommen im Beruf, die Liebe zu genießen, hinaus in das Leben zu gehen, zu reisen, sich weiter zu bilden und vieles mehr. Dann wird man langsam Erwachsen, man lernt seinen Lebenspartner kennen, gründet einen eigenen Hausstand, heiratet, Kinder kommen, man festigt sein Leben.
Dann kommt man in ein Alter, was ich mal mit dem Begriff “Reifes Alter” umschreiben möchte. Man war im Beruf erfolgreich, hat sich ein Haus gebaut, einen Baum gepflanzt, hat gesehen, wie die Kinder groß wurden, wie sie flügge wurden, wie sie ihren eigenen Weg gehen. Und dann kommt eine große Leere. Man fühlt sich allein gelassen, der Partner ist einem über die Jahre fremd geworden. Es hat nur noch den Reiz des Alten, des Bekannten.
Man grübelt. War dies schon mein Leben? Man will nur noch einfach raus, raus aus der Verantwortung, weg vom Partner. Man will etwas Neues erleben, ausprobieren und sucht sich neue Herausforderungen. Aber viele werden nicht glücklich bei der Suche nach dem Neuen. Viele bleiben dann auf der Strecke. Viele verbittern noch mehr.                  

Dabei hat gerade das Alter so viele schöne Dinge für einen parat, aber man muss sie nur sehen! Da hat man endlich wieder mehr Zeit für einander, keine Kinder, keinen Chef, der einen drängt. Nein, man hat Zeit! Zeit, die man neu gestalten kann, die man mit Sachen füllen kann, wozu man früher keine Zeit hatte. Man kann neuen, gemeinsamen Hobbys nachgehen, man kann reisen, man kann Sport treiben, man hat Zeit für die Gemeinschaft. Man kann so vieles tun. Man muss sich nur einmal hinsetzen und sich gemeinsam überlegen, was man will. Man muss sich aber auch bewegen, bewegen neue Sachen anzugehen, sonst kann manches auf der Strecke bleiben.
Wie heißt es immer so schön: “Auch der Herbst des Lebens hat  noch viele schöne, warme Tage für einen bereit“. Man muss diese Tage nur annehmen, dann kann ein Leben im Alter so erfüllt sein, dass man es gar nicht merkt, dass man älter und weiser wird.
Gerade die Weisheit des Alters, man kann hier auf unschätzbare Erfahrungen zurückgreifen, sollte sich jeder junge Mensch zu nutzen machen, damit er nicht die gleichen Fehler macht, die die Alten gemacht haben.
So kann Jung und Alt von einander profitieren, neue Ideen aufnehmen, neue Techniken lernen, sich neues Wissen aneignen, aber auch erkennen, dass die Erfahrungen der Alten, den Jungen einen Weg aufzeichnen können, wie sie ihre Zukunft meistern können. Gemeinsam geht es einfach besser!

Deshalb sollten wir die Lebenszeiten so annehmen, wie es die Natur uns vorlebt, mit dem Frühling, dem Sommer, dem Herbst und dem Winter. Dabei hat jede Jahreszeit seine ganz besonderen Seiten, die uns das Herz erfüllen. Warum auch nicht bei uns? Lassen wir uns nicht verrückt machen, was man uns von vielen Seiten einreden will, sondern gehen wir unseren eigenen Weg, denn wir müssen glücklich dabei sein, da jeder etwas anders unter dem Begriff “Glück” versteht.

Also nehmen wir unser Leben so wie es ist, als einen Lauf durch ein Jahr der Natur und freuen uns über die Zeit, in der wir uns gerade befinden. Denn jede Zeit hat ihre ganz speziellen Freuden. Wir müssen diese nur aufnehmen und danach leben.

 

Manchmal kann das Leben so einfach sein!                     
 
Im Mai 2010    


Das Leben


Ich sitze mal wieder auf der Bank auf unserer Terrasse, genieße die Sonne und schaue dem Treiben auf und im Teich zu. Eine kleine Welt, die nach irgendwelchen Gesetzen lebt und atmet.
Dabei schaue ich auf mein Leben zurück. Ein Leben voller Freude, ein Leben voller Sorgen, ein Leben voller Traurigkeit.
Was habe ich nicht alles erlebt? Manchmal fühlte ich mich wie ein Schiff auf hoher See. Mal oben, mal unten.
Wir wohnten in der Stadt mit unseren Kindern. Oft spielten sie im Treppenhaus und eine alte Dame lebte auf, als sie unsere Kinder sah. Dann zogen wir aufs Land in unserem Haus. Hier konnten wir uns frei bewegen. Hier konnten wir die Ruhe nach einem anstrengenden Tag auf der Bank im Garten genießen. Aber diese Ruhe war trügerisch.
Ein Ereignis im November riss uns aus allen Träumen. Ein Unfall, auf dem Weg zur Arbeit, den meine Frau erlitt, veränderte alles in unserem Leben. Die Kinder strebten nach Selbstständigkeit. Brach hier etwas weg, was ihr Leben so leicht machte? Was sollte jemand, der nun zu einem Pflegefall wurde, noch für sie tun? Sollte man sich da nicht nach neuen Ufern umschauen? In dieser schweren Zeit machte man sich auf in die Selbstständigkeit. Zurück blieb ich. Mir war es bestimmt, meine Frau bis zu ihrem letzten Weg zu begleiten.
Mit einundfünfzig Jahren ging ihr Weg zu Ende. Viel zu früh. Was hatten wir noch vor. Dies alles war nun hinfällig geworden. Einsamkeit machte sich breit. Ein langer Weg der Trauer folgte nun.
Ein Weg, der von Trauer und Einsamkeit geprägt war. Alles was einmal da war, die scheinbar guten Freunde, die Familie, die Kinder - alle zogen sich zurück. Alles war früher einmal wichtig war, zählte nicht mehr. Alles war Makulatur geworden. Man musste mit der Einsamkeit fertig werden. Manchmal hatte ich den Gedanken, wenn ich jetzt aus dem Leben gehe, es würde keiner mitbekommen. Heute frage ich mich, wie ich diese schreckliche Zeit überwunden habe.
Mein Glück war, dass ich Aufgaben fand, die mir halfen, über mein Alleinsein hinweg zu helfen. Tief im Herzen aber gab es etwas, was mich traurig stimmte. Du bist allein. Allein auf dieser Welt. Keiner sagt mal hallo, wie geht’s? Du wirst ausgeschlossen vom Leben. Du gehörst nicht mehr dazu. Dabei hat das Leben bestimmt auch noch für dich etwas bereit liegen. Aber hast du die Kraft, dies aufzuheben, was das Leben noch für dich bereit hält? Kraft, die einmal da war, hat sich verabschiedet. Komisch alte Bäume werden stärker, Flüsse werden mit jedem Tag wilder und was ist mit uns Menschen? Wir werden älter und unsere Kraft geht zurück. Manchmal fällt uns das Aufstehen schwer. Wir verzweifeln, wir werden mutlos, wir haben Angst vor der Einsamkeit, die uns beschleicht, die uns die Kraft nimmt.
Vierzig Jahre haben wir für alle gearbeitet, geschuftet, damit es uns einmal im Alter besser geht. Aber was bleibt? Ein Platz im Altersheim mit einem kleinen Taschengeld? Abgeschoben und vergessen? Ein alter Mann auf dem Abstellgleis?
Wer fragt dann mal nach einem? Wer sagt mal: “Hallo, wie geht`s?”
Wer schaut mal nach dem Rechten? Wer kümmert sich um die Gräber, der lieben Eltern, der Frau? Was bleibt einem noch? Der Blick aus dem Fenster? Der Blick an die Wand? Darauf zu warten, dass man gehen kann? Was soll man noch hier auf dieser kalten Welt? 

Aber ich habe das aufgehoben, was das Leben noch für mich bereithielt. So konnte ich mein Leben noch einmal in die eigenen Hände nehmen. Ich lernte Neues kennen und schätzen. Ich machte mich auf einen neuen Weg - in eine neue Zukunft, in eine neue Gemeinsamkeit.
Heute bin froh, dass ich den Weg aus meiner Einsamkeit fand, ein neues Glück fand. Ein Glück, dass mit Gold nicht aufzuwiegen ist.
Obwohl auch etwas Wehmut in dieses Glück mitschwebt, so muss ich mich damit abfinden, dass alte Verbindungen sich aufgelöst haben, dass die Familie, die Mal ein Hort der Gemeinsamkeit war, nicht mehr da ist. Aber es gibt ja auch neue Menschen, die in mein Leben getreten sind, die mich bereichern.

Ich bin dem Leben dankbar, dass es mir noch einmal die Möglichkeit gegeben hat, einen Menschen zu lieben, zu verstehen und zu schätzen. Noch einmal Vertrauen in das Leben zu setzen und es so anzunehmen, wie es ist. Manchmal muss man sich auch von alten Sachen trennen, wenn sie nicht mehr passen. Aber man braucht auch den Mut dafür, noch einmal von vorne anzufangen. Noch einmal ja zu sagen. Ja - zum Leben! Sich nicht von anderen davon abhalten zu lassen, sondern dem Ruf des Lebens zu folgen.

Alles im Leben hat seine Bestimmung.

Oktober 2014    


Unser Weihnachtsfest 1993

                                                 
Wir, das sind Stefan, 41, Maria, 39, und die Kinder Andreas, 12,  und Veronika 8. 
Wie jedes Jahr vor Weihnachten kommt in unserer Familie immer eine gewisse Unruhe auf. Warum das so ist, das kann keiner so richtig erklären. Die Kinder werden unruhig, meine Frau hat Stress ohne Ende und ich bin eigentlich der ruhende Pol in dieser verrückten Familie, werde aber jedes Mal immer wieder von dieser Unruhe angesteckt. Dabei habe ich mir jedes Jahr geschworen, im nächsten Jahr wird dies aber anders.
Ja, und dann sind da auch noch unsere lieben Eltern. Gottlob, dass wir sie noch haben. Aber auch sie werden in dieser Zeit immer unruhiger und verfolgen mit Argusaugen, ob wir auch hübsch alle lieb gewonnene Traditionen einhalten.
Natürlich feiern wir alle zusammen unser Weihnachtsfest. Aber bis es dazu kommt, liegen bei uns immer die Nerven blank.

Das beginnt schon damit, dass meine Frau, ihre Mutter und ihre Schwiegermutter sich nie einigen können, was auf den Tisch kommen soll. Die Eine möchte es einfach haben, die Andere ein Festmahl und die Dritte möchte auch gerne den Wunsch der Familie berücksichtigen. Wer nicht gefragt wird, das bin eigentlich ich. Wieso eigentlich nicht? Dabei bin ich doch das Familienoberhaupt. Oder vielleicht doch nicht? Na ja, so halte ich mich lieber zurück und verfolge etwas verwirrt die ganzen, endlosen Diskussionen der Damenwelt. Ich hoffe meist nur, dass die auch etwas auf den Teller bekommen, bei all der Rederei.

Eine Woche vor Weihnachten bekomme ich dann auch mein Fett weg. Ich bekomme von meiner Frau einen “Arbeitszettel”, den ich doch bitteschön bis zum Heiligenabend abzuarbeiten habe. Mein erster Blick darauf lässt mein Blut fast in meinen Adern erstarren. So lang und was musste ich da unter der Rubrik 25 lesen? Das Wohnzimmer ist unbedingt noch zu streichen, da meine Mutter meint: So könne das Wohnzimmer, immerhin die gute Stube, nicht aussehen. Als ich dann beim Weiterlesen auf der Position 56 angekommen war, lag ich schon fast im Koma. Was stand da noch? Ich schaute zweimal hin, ehe ich den Satz begreifen konnte, der dort da stand!
Da stand schwarz auf weiß:
Da wir diesmal wieder alle gemeinsam feiern wollen, haben sich die Eltern und Schwiegereltern dazu durchgerungen, bei uns auch über die Nacht zu bleiben. Daher ist es notwendig, die Kinderzimmer auszuräumen, die gewohnten Betten der Lieben hier her zu transportieren und aufzubauen. Dabei ist das Kinderzimmer auch gleich mit  zu renovieren. Für die Kinder ist eine neue Bleibe zu finden. Sie würde auf meinem Erfindungsreichtum bauen und vertrauen.
Die weiteren Posten auf dieser Liste schaute ich mir schon gar nicht mehr weiter an. Ich zog mich in den Keller zurück, setzte mich auf eine Apfelsinenkiste, nahm eine Flasche Bier aus dem Kasten, öffnete den Verschluss und nahm erst einmal einen tiefen Schluck aus der Flasche und holte tief Luft. Nach der 3. Flasche, warf ich noch einmal einen Blick auf die Liste, um mich zu vergewissern, ob ich das auch richtig gelesen hatte, was da alles drauf stand.
Aber es stimmte! Eine Woche Zeit für all die Arbeiten? Da konnte ich ja direkt Urlaub nehmen. Aber das war nicht möglich. Was sollte ich bloß machen? Besonders der letzte Punkt machte mich etwas stutzig, als ich las, ich sollte auf  keinen Fall, die Geschenke für die Eltern und deiner lieben Frau vergessen!

Ach Gott, die hatte ich schon längst wieder vergessen! Dabei waren die ja schon mehrfach geändert worden. Was war denn jetzt davon noch übrig geblieben? Keine Ahnung? Aber dies hat ja auch noch Zeit. Vielleicht ändert sich ja noch etwas. Jetzt galt es die Liste abzuarbeiten. Einige kleine Aufgaben übertrug ich meinen Kindern, mit der Bitte, mich nicht im Stich zu lassen. Weitere Posten konnte ich an einem Mittag schnell erledigen und von der Liste streichen. Aber was war mit den beiden großen Posten? Die Zeit drängte. Aber wie sollte ich dies bewerkstelligen? Eine Woche vor Weihnachten?
Eine ganze Nacht grübelte ich darüber nach, wie ich die Vorgaben der holden Weiblichkeit erfüllen konnte. Von meinen beiden Vätern konnte ich keine Hilfe erwarten. Beide hatten, wie man so schön sagt, mehr als zwei linke Hände. Selbst machen? In der kurzen Zeit, ohne Hilfe? Kaum möglich. Von meiner lieben Gattin konnte ich auch keine Hilfe erwarten. Also stand die Frage nach dem “Wie” im Raum.
So sehr ich auch überlegte, so wenig viel mir ein. Völlig übermüdet schlief ich ein. Die restliche Nacht war sehr unruhig. Ruhelos wälzte ich mich von der einen Seite auf die andere Seite. Gegen sechs Uhr morgens hatte ich einen Einfall. Ich stand schnell auf, schrieb in nieder und legte mich dann noch für eine Stunde auf das Ohr, bevor der Wecker mich für meinen Tageseinsatz aus dem Bett klingelte.
Noch völlig übernächtig stand ich auf, schaffte mit Mühen mein Frühstück. Einige starke Tassen Kaffee holten meine Lebensgeister so langsam wieder zurück. Da fiel mein Blick auf meinen Zettel, auf dem ich mit einem fast nicht mehr definierbaren Gekrickel meine Lösung aufgeschrieben hatte. Mit Mühe konnte ich das Buchstabengewirr entziffern. Gottlob, da stand die Lösung. Ich raffte mich auf und begann damit die Lösung auf den Weg zu bringen.

Meine Frau fragte mich mit den Tagen immer mehr, ob ich meine Aufgaben erfüllen werde. Mit einem Lächeln erwiderte ich, dass wird schon mein Schatz. Noch konnte ich mit dieser Aussage meinen Augenstern beruhigen - aber wie lange noch?
Mit der Zeit wurde die Positionen immer weniger auf meinen “Arbeitszettel“.
Aber einige hielten sich hartnäckig. Besonders die Positionen 25 und 56 ! Eigentlich sollte dies ja noch klappen. Als ich dann mal wieder die eine oder andere Position abhaken konnte, fiel mir, oh Schreck noch eine weitere Position auf, die ich bis dahin völlig überlesen hatte:                    

Weihnachtsbaum besorgen!

“Heiliger Strohsack, morgen ist schon Heiligabend und du warst noch nicht einmal auf der Suche nach dem Baum“.
An Heiligabend fragte mich meine Frau am frühen Morgen, so gegen sechs, wir lagen noch im Bett: “Hör mal mein Liebling, was ist eigentlich mit dem Wohnzimmer und den Kinderzimmer. Du hast ja bisher noch keinen Handschlag daran getan. Was ist mit dem Baum? Die Geschenke für die Eltern? Und natürlich meins?
Was hast du eigentlich in der ganzen Zeit getan“? “Nun, mein Schatz antwortete ich in aller Ruhe: “Ich habe fast alle 69 Punkte auf deiner Liste abgearbeitet, bis auf ein paar. Aber auch diese werden noch gelöst“. Als meine Frau noch etwas sagen wollte, schellte es Sturm. Ich zog mir meinen Morgenmantel über und ging zur Tür.
Ich machte auf und staunte nicht schlecht. Da stand eine ganze Kompanie in Arbeitskleidung und wollten ihren Auftrag, wie besprochen, noch ausführen. Ich ließ sie rein und zeigte ihnen die Räume, die renoviert werden sollten. Meine Frau war zwischenzeitlich hinzugekommen, schlug die Hände über den Kopf zusammen und war einer Ohnmacht oder einem Tobsuchtfall nahe. Sie konnte sich nur nicht entscheiden. Mit einem lauten Schrei verließ sie die Diele.
Dann klingelte es noch mal. Diesmal wurde der neue Caravan angeliefert. Das war ein Schauspiel für die gesamte Nachbarschaft. Mit einem großen Kran wurde der Caravan über das Haus in den Garten gehoben und auf der Wiese, nahe dem Kirchbaum abgestellt. Als meine Frau dieses Schauspiel aus ihrem Küchenfenster sah und ungläubig verfolgte, war sie doch eher den Tränen nahe.
Aber in diesem Moment traute sie sich nicht, mich darauf anzusprechen. Was auch gut war.
Denn ich hatte mich zwischenzeitlich angezogen, etwas gegessen und noch einmal mit den Arbeitern im Wohnzimmer gesprochen, wo man mir sagte, dass alles bis zum Nachmittag fertig sei. So konnte ich voller Zuversicht den letzten offenen Posten angehen.

Den Weihnachtsbaum!

Zuvor fragte ich noch meine beiden Kinder, ob sie ihre Aufgaben gemacht hatten. Sie hatten! Brav von ihnen!
Ich ließ meine Frau in dem Chaos zurück und machte mich auf den Weg.

Aber irgendwie sollte dies nicht mein Tag sein. Überall wo ich anfuhr, um einen schönen Baum zu holen, standen nur noch Reste herum, die aber das Wort “Baum” nicht mehr so recht  erfüllten. Eher den Begriff “Krüppel”. Aber mit so etwas konnte ich um Himmelswillen nicht nach Hause kommen. Also fuhr ich weiter zu den nächsten Verkaufsstellen. Aber auch hier nur “Schrott” , was noch zum Verkauf anstand. Die Zeit drängte! Zwischenzeitlich meldete sich meine Frau auf meinem Handy. “Wo ich denn bleiben würde? Hier wäre alles noch ein Chaos. Die Eltern wären da und einem Nervenzusammenbruch nahe. Wieso alles an diesem Tag“. Ich versuchte meinen Schatz zu beruhigen, was mir aber kaum gelang. Als ich dann etwas lauter wurde, kam ich dann auch mal zu Wort und sagte, dass alles schon fertig werden würde und sie sich keine Sorgen machen sollte. Die Eltern sollte sie mit den Kindern in die frühe Kinderchristmette schicken, mit einem guten Gebet für uns und ich wäre am Nachmittag wieder zurück. Und jetzt habe ich keine Zeit mehr zu verlieren, denn ich bin noch auf der Suche nach dem letzten offenen Punkt deiner Liste und den will ich auch noch erledigen. Schau zu, dass dein Essen dir nicht anbrennt. Als ich diesen Satz aussprach, ging ein Schrei durch das Handy und dann war eine untrügliche Stille am Ohr. Was mag da wohl passiert sein? Nun, mir sollte dies jetzt egal sein, ich musste meinen Baum finden. Nachdem es an den Ständen, wo ich war, keine vernünftigen Bäume mehr gab, blieb mir nur der Weg in den Wald. Nachdem ich so einige Zeit durch den Wald, wie ein Trapper,  gestreift war und ich schon die Hoffnung aufgegeben hatte, überhaupt noch einen Baum zu finden, da fiel mein Blick auf eine kleine Tanne. Sie sah süß aus. Die ist es, dachte ich bei mir und schon fiel sie auch meiner Säge zum Opfer. Voller Stolz trug ich sie aus dem Wald und lief dabei dem Förster direkt in die Arme. Sein Blick verhieß nichts Gutes. Nach einer halbstündigen Belehrung und einer saftigen Strafe konnte ich den Förster gerade noch erweichen, mir doch die Tanne zu überlassen. Mit einem Lächeln und einen Blick auf meinen Baum sagte der dann doch ja, ich dankte ihn dafür und machte mich dann schleunigst aus dem Staub. Auf der Heimfahrt machte ich mir noch einmal Gedanken über das Gespräch mit dem Förster, kam aber nicht weiter, weshalb er so lächelte.

Zu Hause angekommen, war die Einfahrt zu meinem Haus gesperrt. Überall standen die Autos der Feuerwehr, der Polizei und des Roten Kreuz herum. Was war denn da los? Mit bangem Gefühl bannte ich mir den Weg zum Haus hin. Meine Frau, meine Eltern saßen draußen auf einer Bank und weinten ohne Unterlass. Jetzt wurde mir auch klar, was der Schrei, den ich durch mein Handy hörte, bedeutet hatte!
Ein kleiner Brand in der Küche war die Ursache. Zum Glück konnte das Feuer schnell gelöscht werden und der Schaden war nicht sehr groß.
Dafür waren die Handwerker jetzt in den Zimmern fertig und konnten dann gleich auch noch die Küche wieder herrichten. Was sie dann auch gleich noch taten. Nach zwei Stunden war alles wieder hergerichtet. Nur das Essen war nicht mehr zu retten gewesen. Zum Glück! Näher will ich darauf nicht eingehen, um mir nicht auch noch den Unmut meiner holden Weiblichkeit zuzuziehen.
Als ich meinen, so teuer bezahlten, Tannenbaum voller Stolz aus dem Kofferraum nehmen wollte, krabbelten mir zahlreiche Tiere entgegen, die ich zuerst nicht gesehen hatte. Durch die Wärme im Kofferraum wurden die Tierchen nun munter und krabbelten fleißig im Kofferraum umher. Also, was blieb mir nur noch übrig? Ich konnte den mühsam und teuer bezahlten Baum nur noch auf den Mist zu werfen. Darum lachte der Förster so!

Alle standen irgendwie hilflos herum. Meine Frau schluchzend auf der Bank, meine und  ihre Eltern standen fassungslos im Eingang und verfolgten die letzten Handgriffe der Feuerwehr. Meine Kinder verfolgten mit bangem Blick das Geschehen und hofften nur noch, dass das Fest nicht in den Wasserfontänen der Feuerwehr unterging.

Nun musste ich die Situation retten. Mit einem Lächeln ging ich in das Haus hinein und kam mit einem breiten Lachen wieder heraus und erklärte allen, dass alles nur halb so schlimm sei. Das Haus hat keinen Schaden erlitten, das Wohnzimmer und die Kinderzimmer sind fertig. Wie auch bald die Küche. Also gib es keinen Grund zu jammern.
Ich sagte zu meiner verdutzten Familie: Ich bin mal eben weg, aber sie sollten sich keine Sorgen machen, denn ich wäre gleich wieder da.

Während ich weg war, hatte ich von unterwegs einen Freund von mir angerufen, ob er mir mal sein Festzelt leihen könnte und ob er es auch zu mir bringen könnte. Keine Frage, er machte das. “Super”, sagte ich noch und  fuhr weiter.
Ich ging noch schnell in den offenen Supermarkt, machte meine Einkäufe und kehrte zu meinen Lieben zurück, die immer noch völlig entnervt dastanden.
Mittlerweile waren die Handwerker auch in der Küche fertig und wollten nach Hause fahren. Ich legte mein Veto ein und lud sie ein. Meiner Bitte das Festzelt aufzubauen kamen sie sofort nach und eine Runde Freibier erhöhte die Motivation merklich.
Ich baute in aller Ruhe meinen Grill auf, gab meiner verdutzen Frau ein paar Anweisungen, die sie schleunigst zu befolgen hatte, dann machte ich ein schönes Lagerfeuer an, stellte die Bierzeltgarnituren darum und lud alle ein, hier und jetzt Weihnachten mit uns zu feiern.                                        

Nur zögerlich folgte meine Familie meinem Wunsch bzw. meiner Einladung. Aber als die ersten Würstchen auf dem Grill lagen, der Rauch sich verzogen hatte, die ersten Flaschen geleert waren und ich meinen so teuer erworbenen Tannenbaum etwas traurig ins Feuer warf, da wurde es jeden klar, dass wir diesmal ein anderes Weihnachtsfest hatten, als alle geplant hatten.
Als dann der Tannenbaum in den Flammen meines Lagerfeuers aufging und sich der Tannenduft über den Grillplatz legte, da fing dann meine Mutter an, dass Lied “Stille Nacht” anzustimmen und alle sangen ergriffen mit. Manch einer kämpfte mit den Tränen.

Ich glaube, diesen Heiligen Abend wird keiner von uns so schnell wieder vergessen. 
       
Übrigens: Meine Eltern und Schwiegereltern haben in den Kinderzimmern übernachtet, die Kinder durften bei uns im Schlafzimmer schlafen und wir beide machten es uns im neuen Wohnwagen gemütlich und hatten endlich viel Zeit für einander und waren froh, dass alles noch so glimpflich ausgegangen war.
Für` s nächste Jahr schworen wir uns: Kein Stress, kein großes Drumherum, sondern sich einfach freuen, dass man zusammen ist und  daran denkt, welchen Sinn eigentlich Weihnachten hat. Ich glaube, denn hatten wir fast in unserer Hektik vergessen!                    

In diesem Sinne
Euer Fritz

 

November 2010


.....endlich Urlaub!


Jedes Jahr der gleiche Kampf. Wo soll es hingehen? An die See oder in die Berge, in den Süden oder doch lieber in den Norden? Mit der Oma oder ohne die liebe Oma?
Aber wer zahlt dann die Fahrt? Viele Fragen, die es jedes Jahr zu diskutieren gab.
Bei uns ging dies meist schon am 1. Januar los. Beim Kaffee am Nachmittag  kamen die ersten Prospekte auf den Tisch, die ersten Wünsche wurden auf heftigste in die Runde geworfen.
Dabei fallen mir immer die Erinnerungen aus dem letzten Urlaub ein. Liebend gerne würde ich mal allein fahren, die Ruhe genießen, ein gutes Buch lesen, in der Sonne liegen und an nichts denken. Aber dies ist bei unserer Familie nicht möglich.
Wir, dass sind Vater, Mutter, zwei halbwüchsige Kinder und die Oma! Im letzten Jahr waren wir auf den Weg Richtung Österreich.
Kaum waren wir auf der Autobahn, da fragte mich meine Frau: “Schatz, haben wir den roten Koffer mit”? “Ja.” Hast du auch die blaue Tüte und die kleine graue Tasche eingepackt?” “Ja.” “Hast du auch die kleine grüne Dose auf den Küchenschrank eingepackt?” “Die kleine grüne Dose?” “Was ist damit?” “Hast Du sie nicht eingepackt?” “Nein!”  “Warum?” “Da liegen unsere Pässe drauf!” Wir also wieder zurück. Ab in die Wohnung rein, Pässe geschnappt und dann wieder zurück zur Autobahn.
Nach einer halben Stunde die erste “Pipimeldung”. So ging das die ganze Strecke weiter. Wir waren über 24 Stunden unterwegs.
Geschafft, aber glücklich kamen wir endlich zu unseren Hotel. Es war schon spät.
Natürlich musste sich meine Tochter noch duschen. Nach einer halben Stunde ging unten am Empfang die Meldung ein, dass es in einem Zimmer unter uns, es doch sehr stark tropfte. Erst nach einer weiteren halben Stunde konnten wir unsere Tochter dazu bewegen, mit dem Duschen aufzuhören und das Wasser abzustellen. Das Zimmer unter uns soff langsam aber sich sicher ab.
An nächsten Tag in der Schwimmhalle war unsere Oma die Hauptperson. Unsere Oma, noch recht drahtig, wollte es ihren Enkel mal zeigen, was sie noch so alles kann.
Sie also rauf auf dem 10 m Sprung-Turm. Ich ahnte Böses! Sie sprang hoch, vergaß aber bei dem Sprung nach vorne zu springen und schlug mit dem Hinterteil auf dem Brett auf und erst dann ging es ab in die Tiefe.
Mit einem sehr schönen Bauchplattscher tauchte sie in das Becken ein. Als sie wieder an die Oberfläche kam, fehlten ein paar Teile von ihr. Das sie das Bikini - Oberteil verloren hatte, ging ja noch. Aber als sie ihre Kontaktlinsen und ihr Gebiss vermisste, war der Badebetrieb zu Ende. Eine umfangreiche Suche nach den Teilen begann. Erst nach Stunden konnte einige Teile gefunden werden. Ein Kontaktlinse konnte gerettet werden und der untere Teil des Gebisses konnte, leicht deformiert, aber noch nutzbar ebenfalls gerettet werden. Allein das Einsetzen dieses Teiles war schon eine halbe Zirkusnummer. 
Für den Rest des Urlaubes lief unsere Oma als Halbblinde durch den Urlaub, von den Problemen beim Essen ganz zu schweigen.
Dann passierte auch noch die Sache im Zoo. Wieder war die Oma, die Hauptperson. Diesmal hatte sie sich besonders fein gemacht und ihre Perücke angezogen.
Wir mit dem gesamten Tross durch den Zoo. Hier bei Elefanten, dort bei den Tigern. Dann waren wir bei den Delphinen. Wir sahen eine tolle Show. Die Delphine zeigten uns ihre Kunststücke. Oma saß natürlich ganz vorne in der ersten Reihe. Wie immer sehr temperamentvoll! Vielleicht zu sehr. Jetzt konnte sie ja auch nur auf einem Auge was sehen und dies wurde ihr zum Verhängnis. Sie stand auf, wollte einen Gegenstand ins Wasser werfen, der vor ihr lag, lief drei Schritte nach vorne und landete prompt im Becken der Delphine. Die hatten einen Spaß mit der Oma! Vor allem mit ihrer Perücke! Sie wanderte von einem Delphin zum anderen und die Oma hinterher. Es war ein Bild für die Götter. Unsere Kinder feuerten ihre Oma immer wieder an. Die Zuschauer machten mit. Einige meinten, dass wäre die beste Show seit Jahren. Vier Mann versuchten verzweifelt die Oma aus dem Becken zu holen. Sie aber wehrte sich mit allen Kräften.
Halbnackt und völlig erschöpft nach einigen Stunden des Kampfes konnte man die Oma aus dem Becken schaffen und die Show beenden. Bei diesen Kampf verlor die Oma die eine Kontaktlinse und den unteren Gebissteil. Beide Teile konnten nicht mehr gefunden werden.
So wollte unsere eitle Oma nicht mehr am Urlaubsort bleiben und wir mussten unsere Sachen packen und es ging wieder zurück nach Hause.
Sollte mir dies in diesem Jahr wieder passieren?
Nein, für dieses Jahr habe ich unsere Kinder mit der Jugendgruppe von St. Bonifatius weggeschickt, die Oma haben wir mit einer Seniorenreisegruppe in die Uckermark verschickt. Meiner lieben Frau habe ich einen Wellnessurlaub in Bayern geschenkt.
Ja und ich? Ich werde mich in ein Kloster zurück ziehen, die Stille genießen und mich erholen. Kein Handy, keine Zeitung, keine Nachrichten! Nur ein gutes Buch, einen Stift und etwas Papier, um etwas zu schreiben.
Ich freue mich aber schon darauf, zu erfahren, wie es den anderen im Urlaub ergangen ist.    
Für alle die Unterwegs in den Urlaub sind, wünsche ich erholsame Tage. 

Juli 2014


Das Kaffee-Kränzchen bei Frau Sommerflau


An einem schönen, sonnigen, zwar kalten Novembertag trafen sich wie immer, also einmal in der Woche, die Nachbarinnen Meta Klausen, Gesine Hölzer und natürlich Elfriede Sommerflau.
Meist findet der Kaffee bei Elfriede statt. Elfriede, ist eine recht muntere, neugierige und mit einem Mundwerk  und Haaren auf den Zähnen versehene Frau. Das Mundwerk ist eher ein Maschinengewehr, man bekommt es kaum zu stoppen. Die beiden anderen Damen Gesine und Meta sind dagegen eher als ruhig zu bezeichnen. Elfriede ist in der Siedlung Krummhörn das Tageblatt und Sprachrohr für alle. Ihr entgeht nichts. Jede kleine Neuigkeit in diesem Siedlungsbereich führt natürlich nur an Elfriede vorbei und dann geht es in der Gerüchteküche aber richtig rund.
So wie auch bei dem heutigen Treffen der liebreizenden Damen. Wie immer führt natürlich Elfriede das Wort. Elfriede ist eine, die gerne den ganzen Tag irgendwo steht und tratscht. Wenn sie mal nicht unterwegs ist, dann liegt sie im Fenster und beobachtet jeden und alles, was sich in dieser Siedlung bewegt. So ist sie immer bestens informiert.
Hören wir doch einfach einmal zu, wie es bei einem solchen Treffen zugeht.
Das Wort führt natürlich Elfriede.
Nachdem die ersten beiden, großen Kuchenstücke verputzt worden sind, die Kaffeetasse schon mehrfach aufgefüllt worden ist, geht der Austausch von Informationen los. Und wer fängt an? Elfriede!
Also wisst ihr, was in der letzten Woche beim Harmsen mal wieder los war? Nein, dann will ich das euch mal brühwarm erzählen. Also passt auf:
An diesen besagten Tag kam der Harmsen mal wieder “etwas angeheitert”, was natürlich völlig untertrieben ist, von seinem Abendschoppen zurück. Also, diese arme Frau, was die auch mitmachen muss, mit dem Kerl, nein das möchte ich nicht zu Hause haben. Jetzt kann der mit den Rad über die Straße angesaust, brauste über den Deich hinab zu seinem Hof, verpasste die Zufahrt und raste mit voller Wucht in die Jauchegrube hinein. Das gab vielleicht eine Fontäne. Das konnte ich noch von meinem aus Fenster sehen. Dann war es still. Nur ein leichtes Rufen konnte man hören. Ich habe mir meinen Karl geschnappt und schnell dahin. Zuerst haben wir seine Frau informiert, dass ihr Kerl den Weg nicht gefunden hat und direkt in die Jauchegrube gefahren ist. Ich schickte meinen Karl zu der Grube hin, damit er dem verdammten Kerl helfen konnte. Mit vereinten Kräften holte mein Mann den Kerl heraus. Puh, was stank der! Nicht auszuhalten. Wir ließen die beiden dann allein, wo alsbald auch dort das Licht ausging. Hoffentlich hat er seine Frau nicht geschlagen, was ja bei den beiden des Öfteren vorkam. Wie bei Petersen, aber da ist es ja völlig umgekehrt. Da hat sie ja die Hosen an. Gestern habe ich ihrem Mann im Ort gesehen. Der sah aus! Zwei schöne Veilchen zierten sein Gesicht. Etwas krumm ging er auch, was mir jetzt noch auffiel. Aber er ist ja auch ein rechter Filou. Immer Blödsinn im Kopf. Könnt ihr euch noch daran erinnern, an die Sache mit dem Trecker, den er in der Jauchegrube bei Harmsen versenkte und dann tagelang nach seinem Trecker durch die Gemeinde lief und ihn verzweifelt suchte. Als seine Frau heraus bekam, wo der Trecker war, dann war aber für ihn das Jahr zu Ende. Die gesamte Feldarbeit musste er von Hand machen, während seine Frau mit der Knute in der Hand dabei stand. Wie bei den, ach sagt mal, … wie bei den Pharaonen. Da hatte er lange nichts mehr zu lachen gehabt.
Bevor du noch was sagen willst, fällt mir gerade ein, was ich gestern, natürlich rein zufällig, bei meinen Nachbarn mitbekommen habe. Also, ich lag am Nachmittag, rein zufällig im Fenster und schaute in das Schlafzimmer meiner Nachbarin, der kleinen, rotblonden Käthe rein. Also, was ich euch sagen, da steht sie nackt im Zimmer und plötzlich, ich traute meinen Augen nicht, da kommt ein fremder Kerl ins Zimmer. Ebenfalls total nackt. Mir liefen fast die Augen über. Ich bekam kaum noch Luft zum Atmen, was ich da gewahr wurde. Da trieb sie es mit einem fremden Kerl in dem eigenen Schlafzimmer, wo ihr Mann auf der Arbeit ist. Könnt ihr euch das vorstellen?
Die mit einem fremden Kerl? Was man hier so alles erleben muss. Ich bin dann auch sofort zu unserem Herrn Pastor gelaufen, um ihn darüber zu informieren. Jetzt stellt euch vor, was der zu mir sagte: “Wenn sie Spaß daran hat, dann soll sie das auch tun”. “Was soll ich jetzt dabei tun?” “Ich kann doch nicht klingeln und das Liebesspiel unterbrechen!” Als ich das von unserem Herrn Pastor hörte, kam ein Ruf aus den Schlafzimmer von seiner Frau, wo er den bleiben würde! Völlig aufgelöst habe ich mich umgedreht und ich wieder zurück. Dann habe ich Sturm geschellt bei meiner Nachbarin. Aber keiner machte auf. Dann habe ich angerufen. Über 20 mal! Aber keine Reaktion. Mensch, was war ich aufgebracht. Dann habe ich versucht ihren Mann auf der Arbeit zu erreichen. Aber da sagte man mir, dass er heute Nachmittag frei habe. Aber ich sage euch, wo war er? Keine Spur von ihm, selbst um Mitternacht habe ich ihn nicht gesehen, wie er nach Hause kommt. Dabei habe ich meinen Beobachtungsplatz nicht verlassen. Nicht einmal! Obwohl ich mir dabei fast in die Hose gemacht habe. Aber das war für mich wichtig.  Hat sie ihn vielleicht um die Ecke gebracht? Das wäre nicht auszudenken! Ein Mord bei uns? Unvorstellbar! Aber weiß man das, was sich so alles hinter den Mauern abspielt?
Am nächsten Morgen sah ich ihren Mann aus dem Haus gehen und wie er sich von ihr liebevoll verabschiedete. Da war ich baff! Wo ist denn  der andere Mann geblieben? Aber das werde ich noch heraus bekommen. Da ist das letzte Wort noch nicht geschrieben.
Dann versuchte sich Meta in den Monolog einzubringen und sprach die Sache mit dem Bürgermeister an. Hier ging es um die neue Straße, die durch die Gemeinde führen sollte. Aber weiter kam sie nicht, da Elfriede ihr ins Wort fiel und sagte:
“Der Bürgermeister sollte sich lieber um seine Ehefrau kümmern, als um eine überflüssige Straße.” Er sollte lieber mal wieder seine Frau beglücken. Seine Kühe sind bei ihm besser dran als seine liebe Frau. Sie muss immer zurück stehen und verkommt langsam zu einem Mauerblümchen. Nicht das mal ein anderer kommt und sie von der Mauer pflückt. Dann schaut er aber dumm aus der Wäsche.
Aber bei dieser Gelegenheit fällt mir auf, dass ich unseren Gemeindediener schon lange nicht mehr gesehen habe. Was ist eigentlich mit dem los? Gesine warf ein, dass sie in der Metzgerei gehört haben will, dass er sitzen soll? “Wie sitzen..., warf Elfriede sofort ein.” “Ja, er soll zu schnell gefahren sein und gleichzeitig etwas zu tief ins Glas geschaut zu haben. Dabei habe er sich auch noch mit den Polizisten angelegt, was natürlich nicht sehr klug war. “Das sage ich ja schon immer, Männer und der Grog. Eine brisante Mischung. Aber was soll ich sagen, wenn man schon am frühen Morgen, kaum das der Dienst begonnen hat, die Schnapsbudel schon rum geht, dann ist dies ja auch kein Wunder, dass dies einmal schief geht. Wenn man die Männer nicht an die Kandarre nimmt, dann haben die doch nur Unsinn im Kopf. Wir Frauen müssen daher aufpassen, dass unsere Lieben nicht unter die Räder kommen.
“K A R L - ein schriller Ruf von Elfriede riss die Stille des Kränzchen auseinander.
Da muss der Sauhund die Gelegenheit nutzen, wo wir hier sitzen, um einen Schluck aus der Schnapsbudel zu nehmen. K A R L, ab in den Garten, Holz hacken und dies hier vor dem Wohnzimmerfenster, damit ich dich unter Aufsicht habe. Aber sofort!
Da schlich Karl wie ein begossener Pudel aus dem Haus und musste Holzhacken.
Jetzt sagt mal, ist das nicht infam, fängt der Kerl an zu saufen, während wir hier sitzen. Das ist nicht zu glauben. Aber heute Abend kann der etwas erleben, wenn er vom Holzhacken herein kommen darf. Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen worden.
Aber bevor du noch etwas sagen willst, muss ich euch noch eine Beobachtung erzählen, die ich am Wochenende wieder machen musste. In den neuen Haus ist ja ein neuer Bewohner eingezogen, nachdem das Haus eine Zeitlang leer stand. Ich habe ihn erst einmal gesehen. Was der so macht, ist mir bisher schleierhaft geblieben. “Ich glaube, warf Gesine ein, er soll Bücher schreiben.
“Aber mehr weiß ich auch nicht”. Was, Bücher soll er schreiben? Über was schreibt der? Doch nicht über uns? Ist der eigentlich verheiratet? Ich habe noch nie eine Frau bei ihm gesehen? Oder ist der schwul? Wie so viele heute? Da läuft mir ein eiskalter Schauer über den Rücken. “Weißt du nichts über ihn, Meta“? In der Käserei hat eine mal erzählt, dass er mal verheiratet war, aber mehr weiß man nicht. Vielleicht  hat er sich getrennt? Mir ist er schon mehrfach aufgefallen, dass er immer spät nach Hause kommt. Manchmal, besonders über dem Wochenende ist er kaum da. Bestimmt hat er irgendwo ein Verhältnis. Oder wo treibt er sich sonst immer am Wochenende rum?
Aber jetzt lass mich mal erzählen, was jetzt am Wochenende dort los war.
Es war schon wieder spät am Abend, ich lag noch auf Posten und dann fuhr er langsam die Auffahrt hoch zu seiner Garage. Diesmal fuhr er bis vor dem Tor vor, was er sonst nicht macht, da er sein Auto immer in die Garage abstellt. Aber diesmal? Warum? Jetzt bin ich neugierig geworden und habe mir noch das Fernglas von meinem Karl geben lassen, damit alles besser beobachten konnte. Aber was musste ich da sehen? Passt auf! Die Wagentüre ging ganz langsam auf und wurde weit aufgestellt. Sehen konnte ich keinen. Ich sah nur, wie der Wagen sich etwas bewegte. Mehr nicht! Ich wurde langsam unruhig. Dann fiel die Türe ins Schloss. Aber konnte immer noch keinen sehen. Dann ging ganz langsam die hintere Türe auf. Wieder konnte ich nichts sehen.
Was war da los? Gebannt schaute ich auf das Geschehen. Dann fiel die hintere Türe ins Schloss. Immer noch konnte ich keinen sehen. Komisch, dachte ich noch so bei mir, wieso siehst du keinen. Dann - ich traute meinen Augen nicht, sah ich den neuen Nachbar, auf allen Vieren, ganz langsam, den Weg zur Eingangstüre krabbeln, eine Tasche hinter sich ziehend. Das ging so eine ganze Weile. Ich dachte noch bei mir, ist der sternhagelvoll und ist dann noch Auto gefahren? Dann hätte er aber die Einfahrt nicht so sauber getroffen. Dann kam das Drama mit den Stufen. Eigentlich sind das ja nur vier Stufen, aber für ihn musste das ein ganzer Berg sein. Über eine halbe Stunde versuchte er die Stufen zu erklimmen. Die Tasche immer sich hinter sich herziehend.
Nachdem er über siebenmal immer wieder von den Stufen nach unten gefallen war, nahm er sichtlich seine ganze Kraft zusammen und versuchte es noch mal. Es klappte. Dann hatte er das nächste Problem. Den Schlüssel ins Loch zu bekommen. Er hatte ja kaum Kraft seinen Arm zu heben. Aber irgendwie muss er es dann geschafft haben die Türe zu öffnen und mit der Türe ins Haus zu fallen. Ich hörte noch die Türe ins Schloss fallen. Nur seine Tasche stand noch draußen. Nach einer Stunde ging die Türe auf und langsam wurde die Tasche herein gezogen. Dann fiel die Türe wieder ins Schloss. Dann passierte nichts mehr.
So kommt nicht mal unser alter Kater nach Hause. Und der hat es noch faustdick hinter den Ohren.
Was hat der bloß getrieben?
Ich glaube, da werden wir mal schön ein waches Auge auf ihn fallen lassen. Der kommt mir nicht ganz geheuer vor.
Oh, meine Lieben, ich sehe schon, dass es bereits sieben Uhr ist und mein Mann hackt noch fleißig im Garten Holz. Nun, ich lasse ich noch eine Stunde weiterarbeiten, dann kann ich mir das Abendessen schenken, so fertig wird er sein.
K A R L - der große Stamm wird heute noch zerkleinert. Nun mal los! Keine Langweile aufkommen lassen.
So, meine Lieben, kommt wir essen uns noch ein schönes Stück von dem leckeren Kuchen und ich schütte euch noch eine schöne Tasse Kaffee auf.

Gegen acht verließen die Freundinnen das Kränzchen und waren sich einig, dass dies mal wieder ein schöner Nachmittag war.
Nur für Karl wurde der Abend nicht so schön. Bis gegen neune sahen man den Karl im Garten das Holz zerkleinern, dann durfte er rein. Schnell ging das Licht im Hause aus. Er wird doch nicht ohne Essen ins Bett müssen? Oder sonst etwas tun müssen?
Armer Karl!


November 2010         


Die Geschichte des kleinen Paul


Ich bin Paul, ein kleiner Teddybär und saß traurig in einem Geschäft für Andenken. Irgendwie gingen alle immer an mir vorbei. Vielleicht sah ich vielleicht nicht so hübsch aus, wie die anderen Bären in dem großen Regal in diesem Geschäft. Viele gingen achtlos an uns vorbei. Nur manchmal stand ein kleines Kind vor dem Regal und schaute uns mit strahlenden Augen an. Dann wurde auch der ein oder andere aus dem Regal geholt und ging auf Reisen. Wohin sie führen sollte, dass konnte keiner von uns erahnen. Wir sagten ein letztes Mal Lebewohl und alles Gute. Dann verloren wir uns aus den Augen. Wenn sich die Reihen zu sehr gelichtet hatten, dann wurden diese wieder aufgefüllt und es kamen neue Bären hinzu. Dann gab es immer viel zu erzählen. Nur ich blieb immer wieder sitzen und wurde mit der Zeit immer trauriger. Denn immer nur zu sehen, wie die anderen auf Reisen in eine andere Zukunft gingen und man selbst zurück blieb, konnten einem schon deprimieren. So vergingen die Tage, die Wochen, die Monate und Jahre. Und ich? Ich saß immer noch da und wurde immer trauriger.
Manchmal stellte ich mir die Frage: “Was soll aus dir noch einmal werden? “ Immer hoffte ich auf eine bessere Zukunft, als hier im Regal auf einen Käufer zu warten.
Aber ich gab die Hoffnung nie auf. So schaute ich jeden, der in den Laden hinein kam und vor dem Regal stand, immer mit einem liebevollen Gesicht an. Aber wie so oft, wurde ich übersehen.
Aber eines Tages sollte sich mein Schicksal ändern. Da kamen zwei Personen in den Laden, die sich liebevoll Händchen hielten. Sie suchten etwas für ihren kleinen Enkel. Der Mann schaute sich in unserem Regal um. Den einen oder anderen Bären nahm er in die Hand und schaute sie lange an. Aber jedes Mal stellte er sie wieder zurück ins Regal. Plötzlich fiel sein Blick auf mich! Ich wurde leicht verlegen. Dann holte er mich vorsichtig aus dem Regal, schaute mich lange an und stellte mich erst einmal wieder zurück. Er suchte sein Liebchen. Sie sprachen kurz miteinander. Ich hörte nur schwach die Worte: “… ich glaube ich habe etwas gefunden, für den Kleinen!”  Mit den Worten konnte ich noch nichts anfangen. Sollten… die mich tatsächlich…? Ich konnte mein Glück kaum fassen. Aber… sollte mein Wunsch in Erfüllung gehen?
Die Beiden kamen zurück. Er nahm mich wieder liebevoll aus dem Regal und sagte: “Schau mal, er heißt auch Paul!” “Das wäre doch passend?” Oder? “Ja, sagte sie und bevor ich dies mitbekam, ging es zur Kasse. Ich fühlte mich wie ein kleiner König. Endlich war mein Warten zu Ende. Nun konnte ich den anderen Lebewohl sagen und freute mich auf meine Reise ins Unbekannte.
Nach einiger Zeit wurde ich wieder ausgepackt und bekam einen Platz im neuen Heim zugedacht. Aus den Gesprächen bekam ich mit, dass meine Reise noch weitergehen sollte, zu einem kleinen Paul. Ich sollte dort zu Weihnachten unter dem Weihnachtsbaum ein Geschenk für den kleinen Paul sein. Der sollte mein neuer Freund werden. Dafür wurde ich schön verpackt und kam in ein Paket mit anderen schönen Sachen in einem großen Paket. Am nächsten Tag ging ich auch schon auf die Reise. Ich glaube, ich war drei Tage unterwegs, dann war ich scheinbar am Ziel. Aber was war das? Als der Postbote unser Paket abliefern wollte, ich freute mich schon auf mein neues Zuhause, da hörte ich die barsche Stimme einer mir noch unbekannte Person: “Nein - nein dieses Paket nehmen wir nicht an. Wir verweigern die Annahme!” Was waren das für Leute? Wollten die keine Geschenke? Ich wurde wieder traurig. Ich hatte mich auf eine schöne, neue Zukunft mit dem kleinen Paul, meinem Namensvetter, gefreut. Was hätten wir alles zusammen erleben können? Aber so? So war meine Zukunft wieder unbestimmt. Ich machte mir schreckliche Sorgen.
So ging es wieder zurück. Stille und Nachdenklichkeit umhüllten mich. Mir wurde es bange, da mein Schicksal wieder am seidenen Faden hing. Meine Gedanken wurden immer trauriger und ich verzweifelte immer mehr. Sollte ich wieder zurück ins Regal? Nein - das wollte ich nicht! Lieber wollte ich sterben!
Die nächsten Tage wurde es still in meinem Paket. Nichts passierte! Meine Gedanken wurden immer trüber. Was hatte das Schicksal mit mir vor? Stunde um Stunde hoffte ich auf ein Zeichen. Aber nichts geschah. So wartete ich ängstlich darauf, dass sich etwas tat. Die Zeit wollte einfach nicht mehr weiterlaufen.
Ich ergab mich in meinem Schicksal und hoffte, dass meine Gebete erhöht werden.

Dann hörte ich zwei vertraute Stimmen. Waren das… nicht…? Mein Herz fing wie wild an zu hüpfen. Aber hörte auch eine Bitternis in ihren Stimmen. “Warum haben sie unser Paket nicht angenommen?” “Warum haben sie die Annahme verweigert?
Dann legen sie das Paket erst einmal zur Seite.
In den nächsten Stunden hörte ich zahlreiche Gespräche mit. Aber ich konnte nur Sprachfetzen mitbekommen. Auch denen folgerte ich, dass es vielleicht besser war, dass sie mich nicht angenommen haben. Wer weiß, welchem Schicksal ich dort entgangen bin. Noch jetzt laufen mir eiskalte Schauer über den Rücken, wenn ich daran denken muss. So harrte ich der Dinge, die da noch kommen sollten.
Zwei Tage wurde meine Geduld auf eine harte Probe gestellt. Eines Morgens wurde das Paket geöffnet und alle schönen Sachen wurden ausgepackt. Darunter auch ich! Ich spürte die zarten Hände, die mich schon damals aus dem Regal holten. Und dann der Blick!
Ich spürte, jetzt bist du zu Hause. Liebevoll wurde ich gestreichelt und er sagte zu mir: “Jetzt bleibst du bei uns und es freuen sich eine Reihe von neuen Freuden auf dich:”

Jetzt bin ich glücklich und freue mich auf meine Zukunft bei den Valtner`s, meinen neuen Freunden und mein neues Zuhause.

In diesem Sinne

Euer Paul

PS: Ich glaube mein neuer Ziehvater schreibt viele Geschichten und Bücher. Es würde mich wundern, wenn er nicht schon über mich eine Geschichte geschrieben hat.

Mein lieber Paul, dass hat er schon…!

Januar 2013