Aus: Rusty packt aus

Die Urlaubsvertretung

… was sollten sie mit ihrem “Moppel” machen, der doch recht eigenwillig war? In eine Pflegestation konnten sie ihn nicht geben. Das wäre nicht gut gegangen. Also wurde meine Ziehmama gefragt, ob sie nicht die Fütterung des “Raubtieres” übernehmen wollte. Wenn unsere Zieheltern mal kurz unterwegs waren, hatte die Nachbarin immer bereitwillig unsere Fütterung übernommen. Gut, jetzt waren wir beide sehr handzahme Katzen und sehr pflegeleicht zu handhaben. Aber der Moppel? Das war ein anderes Kaliber. Aber meine Ziehmama sagte ja und übernahm die Aufgabe.

In den ersten beiden Tagen ging scheinbar alles gut aus. Meine Ziehmama kam immer ohne große Angst von ihrer “Fütterungsaktion” zurück.
Aber am dritten Tag machte ich mir doch Sorgen um meine Ziehmama. Sie kam völlig verstört wieder herein und war fassungslos. Es dauerte eine ganze Weile bis sie reden konnte.

Dann erzählte sie folgende Geschichte:

Wie immer ging sie hinein, um Moppel sein Essen zu servieren. Auch das Katzenklo konnte sie in aller Ruhe sauber machen. Als sie dann im Flur war, hörte sie nur noch ein wildes Fauchen und schon rannte der Moppel im wilden Spurt auf sie zu. Ich hatte ja schon erzählt, wie der Moppel sein Revier verteidigt und selbst großen Hunden das Fürchten lehrte.

In einer schnell Reaktion und mit Mühe gelang es ihr, die Haustüre zwischen sich und ihn zu bringen. Moppel sprang hoch und donnerte gegen die Tür. In der Höhe von einem Meter prallte er mit allen vier Pfoten gegen die Tür. Die Krallen waren ausgefahren. Dann ging es mit einem grässlichen Geräusch abwärts. Wenn sie diesen Angriff nicht hätte abwehren können, dann hätte es fürchterliche Wunden gegeben. So ging das noch einmal glimpflich aus. Aber der Schrecken saß tief.

So musste ich meine Ziehmama erst einmal ganz liebevoll trösten, da sie immer noch völlig fassungslos war, wie Moppel seinen “Dosenöffner” so angreifen konnte. Das konnte sie nicht begreifen. Sie wollte ihn doch nur versorgen, so wie sie das immer mit uns macht. Dankbarkeit sieht anders aus!

Die nächsten Tage saß er immer vor dem Fenster oder vor der Haustür und jedes Mal, wenn meine Ziehmama ihn füttern wollte, stand er in einer Habachtstellung vor der Haustür und fauchte wie wild. Es war unmöglich die Tür zu öffnen. Also musste eine Mahlzeit erst einmal ausfallen, in der Hoffnung, der Hunger würde ihn verträglicher machen.

 

Die nächsten Mahlzeiten wurden unter den größten Vorsichtsmaßnahmen durch die halboffene Tür in den Flur gestellt. Das sah vielleicht aus! Mein Ziehvater versuchte Moppel von draußen mit irgendwelchen Faxen auf der Fensterbank zu halten, während meine Ziehmama ganz vorsichtig und leise, auf allen vieren, die Haustüre öffnete und ganz langsam den Futternapf hinein schob. Dann wurde die Tür schnell wieder geschlossen.
Dann hörte ich sie sagen: “Puh, das ging noch einmal gut.” Sekunden später zog der leckere Duft zu seiner Fensterbank hin. Da war es mit der Faxenmacherei meines Ziehvaters vorbei und Moppel folgte dem Duft.

Zum Glück trieb ihn der Hunger an die neue Fressstelle. Vielleicht sieht er es ja mal ein, dass es sein “Dosenöffner” nur gut mit ihm meint. Gegen ihn (in diesem Fall sie) muss er sein Revier ja nicht verteidigen! Auch wenn er jetzt allein ist, kann man seinem Dosenöffner mehr Entgegenkommen zeigen. Oder?

Ich bin jedes Mal froh, wenn meine persönliche Ziehmama wohlbehalten von der Fütterung zurückkommt. Dann umgarne ich sie und freue mich auf ihre liebevollen Streicheleinheiten. So gut hätte es der Moppel auch haben können. Aber so?
So muss er auf einiges verzichten, wie seinen Freigang, Streicheleinheiten und auf die vielen Leckerlis, die für ihn bereitlagen.

Nun, die haben jetzt anderweitig ihre Abnehmer gefunden. Mmmh! …

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